Stimming
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KW18 Album der Woche

Stimming "Friedrich"

Der deutsche Produzent Stimming meldet sich mit seinem neuen Album Friedrich zurück – dem zweiten Teil seiner Trilogie. Diesmal taucht er tief in die kleinen, oft übersehenen Momente des Alltags ein.

Friedrich ist eine Hommage an das Normale, an das Unspektakuläre – symbolisiert durch die Taube, die für Stimming schon länger eine besondere Bedeutung hat. Musikalisch bleibt er seinem Stil treu: klare Strukturen, liebevoll gestaltete Details und ein Gefühl für emotionale Tiefe, das nur wenige Produzenten so transportieren können.

Das Album verarbeitet Erfahrungen aus den letzten drei Jahren: Beziehungen, Elternschaft, Krankheit. Tracks wie Sugar and Lemon überzeugen mit verspielter Energie, während Promise und Keys Don’t Match mit Gastvocalists Salomea und Dominique Fricot besonders persönliche Töne anschlagen. Auch dunklere Themen kommen zur Sprache, etwa auf Lucky Me, das die Zeit um seine Krebserkrankung musikalisch verarbeitet – intensiv, ehrlich, aber trotzdem voller Lebensenergie.

Mit Friedrich schafft Stimming eine feine Balance zwischen Clubsound und persönlicher Reflexion. Sein Sound bleibt eigenständig, tiefgründig und offen für all die kleinen, kostbaren Details, die das Leben ausmachen – und zeigt einmal mehr, dass große Emotionen oft in den unscheinbarsten Momenten stecken.

Im Interview erzählt uns Stimming noch mehr über die Tiefe des Albums, was sein Lieblingstrack ist und was die Taube mit dem Ganzen zu tun hat.

Stimming
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SSL: Worum geht es in der Trilogie und speziell auf deinem neuen Album „Friedrich“?
L: Was beiden Alben und auch dem dritten zugrunde liegt, ist eine Reflexion über Alltagssituationen. Diese ganz normalen Dinge, die manchmal unglaublich stark und eindrucksvoll sein können – aber eben nicht immer müssen. Es ist so eine Art Meta-Ebene über den Alltag, die ich künstlerisch ein bisschen überhöhen möchte.

SSL: Wie bist du auf die Idee zur Album-Trilogie gekommen?
L: Ich habe ja drei Kinder, und irgendwann hatte ich die fixe Idee, dass ich jedem Kind ein eigenes Album widmen möchte. Das kam einfach so, vor ein paar Jahren. Die Alben tragen jeweils die Zweitnamen meiner Kinder: „Ludwig“ ist der Zweitname meines zweiten Kindes, „Friedrich“ der meines ersten. Und auch mein drittes Kind soll noch ein eigenes Album bekommen. Es ist für mich eine Form der Wertschätzung. Vielleicht hören sie es irgendwann, wenn sie groß sind, und denken: Ja, das hat der Papa damals gefühlt.

SSL: Wird der Name deines dritten Kindes auch der Name des dritten Albums?
L: Mein drittes Kind heißt Moritz Benjamin. Ich weiß noch nicht genau, ob ich diesmal wieder den Zweitnamen nehmen werde, wie bei den anderen beiden Alben. Ich bin mir unsicher, ob der Zweitname diesmal so gut passt. Es kann aber sein – ich werde es sehen.

SSL: Was ist bei diesem Release anders als bei deinen bisherigen?
L: Ich habe schon länger die Vision, Musik zu machen, die ich auf der Bühne als klassisches Konzert spielen kann. Oder Musik, die man lieber auf dem Kopfhörer oder im Wohnzimmer hört, anstatt ein reines Dance-Album für den Club. In dem Moment, wo die Bassdrum nicht mehr so klar und die Beats ein bisschen offener sind, wird es auch offener fürs Wohnzimmer oder eben die Bühne. Diese Vision wird jetzt mit dem zweiten Album Wirklichkeit. Beim ersten war es pandemiebedingt – ich konnte es überhaupt nicht live spielen. Das war damals sozusagen ins Nichts gefeuert. Aber diesmal spiele ich eine echte Tour, echte Konzerte. Und das macht das Ganze für mich so besonders.

SSL: Haben deine Tracks eine emotionale Bedeutung?
L: Alle Tracks, die ich mache, haben eine ziemlich starke emotionale Bedeutung, die ich aber nicht mehr zwangsläufig auf einen konkreten Punkt bringen muss. Was aber auf jeden Fall bei jedem Track passiert, egal ob EP oder Album: Während der Produktion muss es einen Moment geben, in dem ich völlig durchdrehe – sei es, dass ich in Tränen ausbreche oder – kleiner Scherz – nackt durchs Studio springe. Auf jeden Fall muss ein ganz intensives Gefühl da sein. Wenn das fehlt, bringe ich den Track auch nicht raus, dann berührt es mich einfach nicht genug.

SSL: Welcher ist dein Lieblingstrack auf dem neuen Album?
L: Gerade bereite ich mich auf die Live-Shows vor und beschäftige mich intensiv mit meinen Stücken. Dabei merke ich, dass „Sugar and Lemon“ irgendwie immer stärker wird, je öfter ich ihn höre. Ich habe gar nicht so richtig gemerkt, wie gut ich den eigentlich finde. Der wird tatsächlich immer besser – er ist für meine Verhältnisse auch ziemlich positiv.

SSL: Was ist der Zusammenhang zwischen deinem Album und Tauben?
L: Die Melodien und musikalischen Themen, die ich wähle, sind nicht so flashy und glitzernd, wie man das vielleicht gewohnt ist. Es sind eher kleine Themen, bei denen man ein bisschen genauer hinschauen muss, um zu erkennen, was daran schön ist. Und genau so sehe ich auch die Taube.

SSL: Wofür steht die Taube symbolisch für dich?
L: Für mich repräsentiert die Taube die Grundlage des Lebens. Egal, wo wir herkommen, welche Kultur, Hautfarbe oder Herkunft wir haben – die Basis ist bei allen Menschen gleich. Wir wollen geliebt werden, wir brauchen Eltern, die uns lieben und uns beibringen, wie man sich verhält. Und die Taube gibt es eben überall auf der Welt. Diese Parallele sehe ich darin.

SSL: Wo gehst du auf Tour und was macht diese Tour besonders für dich?
L: Ich spiele auf jeden Fall in München, Zürich, London und Istanbul das Friedrich-Album live. Das Besondere ist, dass es wirklich ein Konzert ist. Ich habe Visuals dabei, es geht nicht nur darum, einen tanzbaren Flow herzustellen, sondern eine richtige Show auf die Beine zu stellen. Es geht hoch und runter, wird mal groß und flashy, dann wieder klein und ruhig. Für mich ist das wirklich etwas Besonderes, weil ich das so noch nie gemacht habe. Bisher war ich immer in Kooperationen unterwegs, aber jetzt stehe ich ganz alleine auf der Bühne. Das ist eine riesige Herausforderung – und ich bin ehrlich gesagt ziemlich aufgeregt.

Stimming – Friedrich
Stimming – Friedrich

Tracklist "Friedrich"

  1. Promise feat. Salomea 
  2. Sugar and Lemon
  3. Lemondrop 
  4. Keys don’t match feat. Dominique Fricot 
  5. Golden Path 
  6. Holz und Silber 
  7. Lucky me 
  8. Pulsar 
  9. Face in the clouds feat. Dominique Fricot