Köln rettet die Clubkultur mit Kulturraum Schutzzone
Köln zeigt, wie’s gehen kann. Im Stadtteil Ehrenfeld hat die Stadt jetzt eine Kulturraum Schutzzone eingeführt um Kreativräume zu sichern.
Köln zeigt, wie’s gehen kann. Im Stadtteil Ehrenfeld hat die Stadt jetzt eine Kulturraum Schutzzone eingeführt um Kreativräume zu sichern.
Ehrenfeld, einst ein kreatives Zentrum mit vielfältiger Club- und Livemusikszene, hat in den letzten Jahren schmerzhafte Verluste erlebt. Kultclubs wie Underground, Heinz Gaul oder Jack in the Box mussten schließen. Die Gründe: steigende Mieten, Neubauten, Lärmbeschwerden. Wo früher gefeiert wurde, entstehen Eigentumswohnungen – und die Kultur rückt immer weiter in den Hintergrund.
Nach lauten Protesten aus der Szene ist die Stadt Köln nun aktiv geworden. Mit der neuen Kulturraum Schutzzone wird Ehrenfeld zum Pilotprojekt – Die Stadt will ihre Clubs, Bars, Ateliers und Musikspielstätten künftig gezielt schützen. Das bedeutet: Bauprojekte in unmittelbarer Nähe werden eingeschränkt. Wer Wohnhäuser, Schulen oder Kitas bauen möchte, muss vorher prüfen lassen, ob das Projekt bestehende Kulturorte beeinträchtigt. Neue Kulturorte werden hingegen gefördert – Sie seien auch ein Wirtschaftsfaktor, heißt es von der Stadt. Die Clubkultur ziehe viele Menschen an und gehöre zu einer Großstadt wie Köln einfach dazu. Außerdem wurde die Emissionsgrenze für Lautstärke im Gebiet der Schutzzone nach oben angepasst, um Konflikte zwischen Anwohner:innen und Betriebenden der Locations vorzubeugen. Klagen gegen die Betreibenden haben somit schlechtere Chancen vor Gericht.
Ein Club, der mit als erstes von der neuen Schutzzone profitiert, ist das Artheater. Das Artheater ist eine Mischung aus Club, Konzertlocation und Theater-Spielstätte und seit 1998 in Köln ansässig. Vor einigen Monaten kauften die Betreiber das 800 Quadratmeter große Gelände nebenan – ein ehemaliger Kfz-Betrieb. Mitbetreiber Bernd Rehse will dort gemeinsam mit dem Club Bahnhof Ehrenfeld und anderen eine Kulturstätte mit großem Garten, Konzertraum und Bar schaffen. Der industrielle Charme der alten Autowerkstatt soll dabei erhalten bleiben. Neben einem Cafe ist auch eine Party- und Konzertlocation geplant. Im Vorhof sollen Open-Air-Events stattfinden. Und um genügend Schallschutz zu garantieren, werden Container angeschafft, deren Räume gleichzeitig genutzt werden können.
So wie das alte Grundstück des Artheater wird das neue Gelände auch Teil der Schutzzone. Besonders für junge Künstler:innen ist die neue Location eine gute Möglichkeit, sich auszuprobieren und gesehen zu werden.
Die Hoffnung ist, dass dieses Modell Schule macht. Christian Ordon von der LiveKomm, dem Bundesverband der Musikspielstätten, sieht in der Kultur-Schutzzone ein großes Potential: „Köln ist ein gutes Beispiel dafür, dass Kulturraumschutz funktionieren kann. Solche Fälle helfen uns in Gesprächen mit der Politik und anderen Kommunen: Wir können sagen, ‚Schaut, es geht‘.“ Denn eines ist klar: Die Probleme, mit denen Clubs in Köln zu kämpfen haben, sind bundesweit verbreitet. In Berlin, Hamburg oder München erleben viele Veranstaltende denselben Druck: Schallschutzauflagen, Luxuswohnungsbau, fehlende Planungssicherheit. Wenn Städte sich nicht aktiv zu ihrer Clubkultur bekennen, verschwindet sie Stück für Stück.
Mit der Kulturraum Schutzzone zeigt Köln als erstes, dass es auch anders geht. Dass Kultur kein störendes Beiwerk ist, sondern Teil von Stadtentwicklung. Dass Clubs nicht nur Orte zum Tanzen sind, sondern Orte der Begegnung, der Vielfalt, des künstlerischen Ausdrucks. Ob andere Städte dem Beispiel folgen, bleibt abzuwarten.
Von Johannah Hainke