Nest Basel
Kuppel
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Feel Good Friday

“Man taucht wortwörtlich unter die Oberfläche ab”

Die Neueröffnete Kuppel in Basel bietet Raum für Musik, Kultur und gesellschaftlichen Austausch. Wir haben mit Betty und Jean-Marc von der Kuppel über den Club im Keller gesprochen.

Nach acht Jahren ist die Kuppel zurück – und mit ihr das Nest, ein neuer Club für junge Menschen in Basel. Ende letzten Jahres wurde die Kuppel als moderner Kulturort mit Konzertsaal, Club, Bistro und Proberäumen neu eröffnet. Warum dieser Ort für so viele Menschen in Basel eine besondere Bedeutung hat, wie es sich anfühlt, dort heute wieder zu feiern – und was es braucht, um jungen Menschen zurück in die Clubs zu holen: darüber sprechen Jean-Marc Lüthy, Geschäftsführer der Kuppel, und Betty Achterberg, Programmverantwortliche des Clubs Nest, im Interview.

Eigentlich hat jede Person, die in Basel mal unterwegs war, eine Erinnerung an die Kuppel
Jean-Marc, Kuppel
Jean-Marc Lüthy
Kuppel
Jean-Marc Lüthy

J: Wie ist die Kuppel ursprünglich entstanden?

JM: Die Kuppel war ursprünglich ein Provisorium – ein Zeltbau, der aus einer Landesgartenschau übernommen wurde. Sie war dann 22 Jahre in Betrieb, bis sie 2016 zurückgebaut werden musste. Danach wurde eine Stiftung gegründet mit dem Ziel, die neue Kuppel zu planen, zu finanzieren und wieder zu eröffnen. Acht Jahre hat es gebraucht, aber seit letztem Herbst hat der Neubau geöffnet. Die Kuppel  umfasst vier Bereiche: einen Konzertsaal für 600 Personen, den Club Nest für 200 Leute, ein Bistro, das wir gepachtet haben, und acht Proberäume für regionale Bands.

J: Acht Jahre… Warum wurde so lange an dem Projekt festgehalten?

JM: Wir, also das jetzige Team, sind alle seit letztem Sommer dabei und waren bei der langen Planungszeit nicht selbst involviert. Aber was wir wissen: Der erste Architekturwettbewerb funktionierte nicht, weil das Projekt zwar optisch gut aussah, aber platz- und ablauftechnisch nicht praktikabel war. Also musste man neu starten. Auch die Zusammensetzung der Stiftung hat sich in den Jahren verändert, und durch Corona hat sich alles zusätzlich verzögert. Trotzdem hat man das Projekt nicht aufgegeben, weil die Kuppel eine große Bedeutung für Basel hat. Man wollte den Ort unbedingt zurückbringen, anstatt ihn einfach zu beenden.

J: Warum ist die Kuppel so wichtig für Basel?

JM: Eigentlich hat jede Person, die in Basel mal unterwegs war, eine Erinnerung an die Kuppel. Viele haben sich dort sozialisiert – sie war ein wichtiger Ort für die Basler Nachtkultur.

J: Und habt ihr dieses Gefühl mit der neuen Kuppel zurückgebracht?

JM: Ja, auf jeden Fall. Bei der Wiedereröffnung und auch jetzt im Regelbetrieb haben wir erlebt, dass Eltern mit ihren Kindern kamen und ihnen zeigten, wo sie früher ausgegangen sind. Das ist natürlich ein extrem schönes Bild – dass wir den Bogen zur nächsten Generation schlagen können. Wir bekommen viel positives Feedback – sowohl von den früheren Kuppelgänger:innen als auch von den jungen Leuten.

J: Betty, denkt ihr im Nest auch bewusst gesellschaftliche und kulturelle Themen mit?

B: Ja, wir haben viel darüber nachgedacht, wie wir überhaupt an einen neuen Club herangehen wollen. Für uns war klar: Es braucht ein Umdenken. Ich bin selbst noch sehr jung und dadurch nah an unserer Zielgruppe – die ist zwischen 18 und 30. Ich kann dieses Lebensgefühl also gut vermitteln. Wir haben entschieden, jeden Freitag und Samstag ab 23 Uhr geöffnet zu haben und nur 10 CHF Eintritt zu verlangen – was in der Schweiz wenig ist. Der Gedanke dahinter ist, dass es für alle zugänglich bleiben soll. Gleichzeitig wollen wir aber auch vermitteln, dass Kultur nicht gratis ist, weil sehr viel Arbeit dahintersteckt. 

J: Wie könnt ihr es euch leisten, nur 10 CHF Eintritt zu verlangen? Das ist ja ungewöhnlich günstig – besonders in der Schweiz.

JM: Wir sind als Stiftung organisiert. Die Stiftung hat den Bau finanziert und stellt uns die Kuppel mietfrei zur Verfügung. Das heißt, wir müssen keine Miete zahlen. In anderen Betrieben macht die Miete oft 10 bis 14 Prozent der Kosten aus. Diesen finanziellen Spielraum geben wir bewusst weiter: zum Beispiel in Form von niedrigeren Eintrittspreisen oder höheren Gagen für Künstler:innen. 

J: Worauf liegt der musikalische Fokus?

B: Wir konzentrieren uns auf elektronische Musik – Techno, House, Breakbeat – aber setzen auch bewusst Kontraste mit nischigeren Genres wie Afrobeats, Baile Funk oder auch mal Dubstep oder Hits. 

Der Fokus liegt klar auf der lokalen Szene. Wir haben hier in Basel ein extrem breites Angebot und viele sehr talentierte Künstler:innen, Labels und Kollektive.
Betty, Nest
Betty Achterberg
Kuppel
Betty Achterberg

J: Und spielen bei euch hauptsächlich lokale Künstler:innen?

B: Ja, der Fokus liegt klar auf der lokalen Szene. Wir haben hier in Basel ein extrem breites Angebot und viele sehr talentierte Künstler:innen, Labels und Kollektive. Aber es kommen auch größere, internationale Namen, um zu zeigen, dass unsere Szene den Anschluss nicht verliert,

J: Was unterscheidet euch von anderen Clubs?

B: Was uns ausmacht, ist, dass wir sehr nah an den Leuten sind. Wir sprechen mit ihnen, wir bieten Möglichkeiten, erste DJ-Erfahrungen zu sammeln. Natürlich bleiben wir dabei professionell. Es soll keine harte Hierarchie geben, sondern ein Gefühl von Miteinander.

J: Wie sieht ein Abend bei euch im Nest aus?

B: Der Eingang liegt ein bisschen versteckt hinter der Kuppel. Wenn du ankommt, sieht du das ganze Areal – das beeindruckt schon. Aber das Nest selbst wirkt von außen erstmal ganz unscheinbar – nur ein Leuchtschild und ein Türsteher. Der Club ist 15 unter der Erde. Wenn du reinkommst, bist du sofort mitten im Geschehen, ganz nah an der Musik. Du taucht wortwörtlich unter die Oberfläche ab. Das ist schon ein besonderes Gefühl, das man in Basel sonst nicht so oft findet.

J: Wie nehmt ihr die Clubszene in der Schweiz aktuell wahr?

JM: Ich habe ein bisschen Mühe mit dem Begriff „Clubsterben“. Klar, es ist eine herausfordernde Zeit – weniger Geld, höhere Preise, die Leute trinken weniger Alkohol. Aber es ist nicht so, dass einfach alles untergeht. In Zürich zum Beispiel mussten Clubs schließen, weil sie verdrängt wurden – nicht, weil sie schlecht liefen. Es ist ein Wandel, aber kein kollektives Ende.

B: Ich habe auch das Gefühl, die Szene ist im Wandel. Man kann sich jederzeit Musik online anhören, man muss nicht mal das Schlafzimmer verlassen. Aber ich glaube die Leute haben grundsätzlich Lust, rauszugehen. Man muss nur ein bisschen kreativ werden, damit sie wirklich kommen. Aber der Gegentrend kommt. Es dauert, aber er kommt.

J: Was wünscht ihr euch für die Clubszene in Basel oder allgemein in der Schweiz?

B: Eigentlich finde ich, dass Basel ziemlich gut aufgestellt ist. Es gibt viele unterschiedliche Orte mit eigenen Programmen und Identitäten. Was ich mir wünsche: dass die Leute einfach wieder rausgehen. 

JM: Und wir hoffen natürlich, dass wir die Kuppel und das Nest langfristig erhalten können.

J: Vielen Dank euch beiden!

B & JM: Sehr gern.

Von Johannah Hainke